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Im Jahr 2017 stieg die Zahl von Freelancern in Deutschland auf fast 1,4 Millionen – nirgendwo sonst in Europa gibt es mehr Solo-Selbstständige. Das Modell des selbstverantwortlichen Arbeitens gewinnt an Popularität. Aus nachvollziehbaren Gründen!
Viele Freiberufler stolpern früher oder später über das Thema Scheinselbstständigkeit. Gehört hat es jeder schon mal irgendwie. Doch für wen ist das “Phänomen” tatsächlich relevant? Und wer ist verantwortlich, Scheinselbstständigkeit zu vermeiden? Das wissen nach wie vor die wenigsten.
Im Gastbeitrag erklärt Thomas Maas von freelancermap, der führenden Projektplattform für Freelancer, Selbstständige und Freiberufler, was genau Scheinselbständigkeit ist, mit welcher Checkliste man den eigenen Status überprüfen kann – und warum Transparenz für Freiberufler und Unternehmen der Schlüssel für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit ist!
In diesem Artikel lest ihr:
Was ist Scheinselbstständigkeit?
Scheinselbstständig ist eine Person, die laut Vertragsgestaltung zwar selbstständige Dienste für ein fremdes Unternehmen vollbringt, in der Praxis jedoch in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zum Arbeitgeber steht. Vereinfacht gesagt: Wer selbstständig ist, aber eigentlich eher wie ein normaler Arbeitnehmer arbeitet, könnte eventuell scheinselbstständig sein.
Doch was ist generell das Problem an der Scheinselbstständigkeit?
Selbstständige sind im Allgemeinen nicht verpflichtet, Kranken-, Arbeitslosen-, Pflege-, Sozial- und Rentenversicherung abzuführen. Genauso müssen auch Unternehmen, die einen Freiberufler beauftragen, zunächst keine Sozialabgaben für diesen zahlen.
Bei einem klassischen Arbeitnehmerverhältnis ist dies anders: Hier zahlen Unternehmen und Arbeitnehmer Sozialversicherungsabgaben. Ist das Beschäftigungsverhältnis nun aber nur scheinbar frei und weist eher die Kriterien eines festen Arbeitsverhältnisses auf, werden unzulässiger Weise Steuern gespart.
In den meisten Fällen gehen solche (unzulässigen) Arbeitsverhältnisse zu Lasten des Arbeitnehmers, da der Selbstständige selber für seine Absicherung sorgen muss. Die Regelungen gegen die Scheinselbstständigkeit sind also als Schutz für den Arbeitnehmer zu verstehen.
Checkliste Scheinselbstständigkeit: Bin ich scheinselbstständig?
Früher oder später stolpern viele Freelancer über den Begriff – etwa wenn sie einen größeren Auftrag erhalten haben oder ermutigt werden, doch direkt im Büro des Auftraggebers zu arbeiten.
Bitte beachtet: Diese Checkliste hilft bei der Orientierung, gibt jedoch keine rechtliche Auskunft.
Mit unserer Checkliste Scheinselbstständigkeit könnt ihr anhand einfacher Kriterien herausfinden, ob ihr zur Sicherheit besser einmal den Austausch mit eurem Auftraggeber suchen solltet – zur Sicherheit für beide Seiten.
Treffen mindestens drei der acht formulierten Sätze im Arbeitsalltag auf euch zu? Dann könnte ein klärendes Gespräch empfehlenswert sein:
Ein Beispiel für Scheinselbstständigkeit
Scheinselbstständigkeit kommt unabhängig von der Tätigkeit in jeder Branche vor – häufig ohne jegliche Absicht des Auftragnehmers. Freiberufliche Texter arbeiten beispielsweise meist für mehrere Auftraggeber. Es kann jedoch vorkommen, dass ein einzelnes Unternehmen oder Medium einmal einen sehr großen Auftrag zu vergeben hat – zum Beispiel ein ausführliches Unternehmensportrait. Eigentlich ein Glücksfall, oder?
Nimmt die selbstständige Texterin diesen Auftrag nun an, kann es jedoch passieren, dass dieses Projekt auf einmal mehr als 80 Prozent des Jahresgehalts ausmacht, sie regelmäßig an Planungsmeetings teilnimmt und im Zuge ihrer Recherchen auch ihre Arbeitszeiten an die des Unternehmens anpasst.
Hier könnte nun bereits eine Scheinselbstständigkeit vorliegen: Die Texterin ist zwar eigentlich nicht fest angestellt, steht rechtlich gesehen jedoch eventuell in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis.
Mögliche Folgen einer Scheinselbstständigkeit
Viele Auftraggeber wollen das Thema Scheinselbstständigkeit nicht aufkommen lassen. Sie versuchen mit ausgeklügelten Formulierungen im Vertrag oder der Vereinbarung, derartige Komplikationen zu verhindern.
Diese Bemühungen sind jedoch zwecklos. Wird (z. B. vom Finanzamt) eine abhängige Beschäftigung festgestellt, gilt die Versicherungspflicht durch den Arbeitgeber auch rückwirkend bis zum Beginn des Beschäftigungsverhältnisses. Für Selbstständige bedeutet diese Regelung einen besonderen Schutz – und sie haben die Möglichkeit, ihren Arbeitnehmerstatus einzuklagen.
Die Folgen gelten jedoch auch andersherum: Hat der Kläger damit vor dem Arbeitsgericht Erfolg, ist der vermeintliche Selbstständige auf einmal ein Angestellter – mit allen Rechten und Pflichten. Das bedeutet, dass mögliche Lohnsteuer- und Sozialversicherungsbeiträge (z. B. Rentenversicherung) auch durch den Auftragnehmer nachgezahlt werden müssen. Darum gilt: Eine Scheinselbstständigkeit zu vermeiden ist ein beidseitiges Interesse.
Fazit: Transparenz als Schlüssel für seriöse Zusammenarbeit
Die Folgen einer aufgedeckten Scheinselbstständigkeit können für alle Beteiligten unangenehm werden. Darum sollten Freelancer bei Unsicherheit lieber bei aktuellen oder neuen Auftraggebern nachfragen: Wie lässt sich die Zusammenarbeit gestalten, ohne auf mögliche Probleme zuzusteuern?
Denn nicht nur, aber ganz besonders beim Thema Scheinselbstständigkeit besteht ein gemeinsames Interesse: Transparenz und gegenseitiger Austausch von Auftraggebern und Selbstständigen sind der Schlüssel für ein gesichertes Verhältnis – und Folgeaufträge.
Das Freelancer-Geschäft erlebt derzeit einen großen Hype. Und das auch zu Recht. Daher ist es für alle Beteiligten wichtig, eine seriöse, transparente und zukunftsorientierte Zusammenarbeit zu garantieren.
Thomas Maas ist seit 2011 als Projektleiter und inzwischen als CEO bei freelancermap tätig. Zuvor arbeitete er unter anderem bei Immowelt. Heute setzt er sich als CEO von freelancermap dafür ein, professionelle Freelancer, Selbstständige und Unternehmen für die Arbeit an spannenden Projekten zu vernetzen.
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