Das eigene Unternehmen gründen – ein Traum, oder nicht? Klingt nach: Flexiblen Arbeitszeiten, eigenen Entscheidungen und viel Gestaltungsspielraum. Ganz zu schweigen von der Motivation, diesem leidenschaftlichen “Drive”, den man für das eigene Projekt entwickeln kann.
Das große “Aber”: Ein Unternehmen zu gründen und auf eigenen finanziellen Beinen zu stehen, ist auch eine Herausforderung. Doch es gibt Unterstützung – und Manches stellt man sich viel schwieriger vor, als es letztlich ist. Dazu haben wir mit einer Expertin fürs Gründen gesprochen: Wie ihr typische Probleme löst, was beim Gründen zu beachten ist und wo ihr Unterstützung bekommt erklärt Claudia-Marie Dittrich, Beraterin bei der “hei. Hamburger ExistenzgründsInitiative”.
Claudia-Maria-Dittrich ist bei der
“hei. Hamburger ExistenzgründungsInitiative” zuständig für den Bereich Öffentlichkeitsarbeit, PR und Social Media und kümmert sich zudem um Eventmanagement sowie Gründungsberatung für alle Interessierten und Neugründer.
Hallo Claudia! Du hast täglich mit den Fragen von Personen zu tun, die ihr eigenes Unternehmen starten wollen. Seid ihr dabei auch so etwas wie ein Mut-Macher?
Claudia Dittrich: Klar, auf jeden Fall! Wir versuchen zum Beispiel, die doch recht verbreitete “Angst” vorm Businessplan zu nehmen. Und auch wenn es um die Finanzplanung geht, dann machen wir Mut. An der Planung wird es nicht scheitern. Wir als “hei. Hamburger ExistenzgründungsInitiative” sind für alle Gründungswilligen und -interessierten die erste Anlaufstelle hier in Hamburg.
Du sprichst es im Prinzip schon an: Viele Menschen haben eine wirklich gute Idee, doch der nächste Schritt fällt häufig schwer. Wie gehe ich es denn an, meine Idee “professionell zu denken”?
Als erstes empfehlen wir, sich hinzusetzen und die relevanten Punkte einer Idee – aus der ja im Idealfall ein Geschäft werden soll – der Reihe nach zu durchdenken und aufzuschreiben. Dazu gehören beispielsweise Fragen nach dem Konzept an sich genauso wie Fragen nach der Zielgruppe, dem Wettbewerb, dem Marktumfeld oder dem Alleinstellungsmerkmal: was macht meine Idee einzigartig?
Gibt es typische „Anfängerfehler“? Und wie kann ich als Gründer versuchen, diese zu vermeiden?
Es hilft auf jeden Fall, sich gleich zu Beginn seiner Überlegungen Hilfe und Beratung zu holen. Manch ein Gründer sitzt sehr lange in seinem “stillen Kämmerlein”, bevor er sich mit seiner Idee und seinen Fragen dazu nach draußen wagt. Dabei erleben wir immer wieder, dass der Austausch mit Experten, mit Unterstützern und auch mit anderen Gründerinnen und Gründern enorm weiterhilft. Und es gibt eben auch Aspekte, die von Anfang an realistisch durchdacht und eingeschätzt werden sollten, um später Enttäuschungen zu vermeiden.
In welchem Bereich haben Neugründer denn deiner Erfahrung nach manchmal etwas falsche Vorstellungen?
Der Zeitfaktor spielt eine große Rolle. Es wird häufig unterschätzt, wie viel Zeit manche Planungen, Überlegungen und auch administrative Prozesse in Anspruch nehmen. Wir bekommen zum Beispiel regelmäßig Anrufe, wo dann nach einer fachkundigen Stellungnahme für die Beantragung eines Gründungszuschusses gefragt wird, die am liebsten am nächsten Tag schon fertig sein soll. Wenn wir dann sagen, dass wir die gar nicht machen und an andere Institutionen weiterverweisen, dann führt das nicht unbedingt zu Freudentänzen.
Wir raten daher immer: Man sollte definitiv ausreichend Zeit einplanen – gerade am Anfang der Konzeptentwicklung. Nicht zu unterschätzen ist auch die Relevanz von Partnern, mit denen man ggf. zusammenarbeiten möchte. Da sollte man sich am Anfang auch gut überlegen, mit wem man zusammenarbeiten möchte und in welcher Form das funktionieren kann. Und zuletzt gilt auch beim Gründen der Spruch “es wird immer teurer als geplant” – es lohnt sich also auf jeden Fall, einen finanziellen Puffer einzuplanen.
Wie unterstützt ihr Gründer genau dabei, den Start möglichst ohne böse Überraschung zu meistern?
Wir haben dafür ein Angebot aus aus drei Säulen entwickelt: Erstens bieten wir jedem Interessierten ein persönliches und kostenfreies Erstberatungsgespräch an. Dabei geht es darum, sich die Gründungsidee quasi einmal aus der “Helikopterperspektive” anzuschauen: Fragen zu klären, Ansprechpartner zu vermitteln, das Konzept zu besprechen und vieles mehr.
…also die Eckpfeiler des Projekts zu diskutieren…
Ganz genau. Und zweitens bieten wir als “hei.” das von der Stadt Hamburg geförderte “hei.scheckheft” mit dem Coachingprogramm “Selbstständigkeit kann man lernen” an. Darin finden sich fast 100 Expertenseminare, die sich um alle Themen der Gründung drehen. Die Kosten für die Teilnahme an diesen Seminaren bezuschusst die Stadt Hamburg.
Drittens veranstalten wir regelmäßig unsere hei.gründertreffen. Dazu gehört das monatliche “hei.gründerfrühstück”, an dem regelmäßig 50 bis 60 Gründerinnen und Gründer teilnehmen, unser monatlicher “hei.p Workshop” und auch der jährliche Hamburger Gründertag. Übrigens gibt es in ganz Deutschland diverse Anlauf- und Beratungsstellen für Gründer, die ähnliche Unterstützung und Angebote zum Networking bereitstellen.
Gründen kostet natürlich neben Zeit auch Geld – je nach Projekt ist es sicherlich sehr individuell, wie viel Kapital ich zum Start benötige. Gibt es hier eine Faustregel?
Es gibt keine Faustregel was das Thema Kapital angeht. Dafür sind die Gründungsvorhaben einfach zu verschieden. Es gibt aber Personen, die bei der Finanz- und Liquiditätsplanung weiterhelfen. In unserem “hei.scheckheft” arbeiten wir mit verschiedenen Partnern zusammen, die sich alle mit dem Thema Finanzplanung auskennen. Oder man schaut auf unsere Website – dort findet sich zum Beispiel auch das WHO IS WHO, quasi so etwas wie “gelbe Seiten” für Gründer. Hier sind alle Partner aus dem Hamburger Gründungsnetzwerk aufgeführt. Und ich empfehle, sich einfach über Angebote und Ansprechpartner in der Region zu informieren.
Also kann man schon sagen, dass Gründer sich am besten Unterstützung von erfahrenen Gründern bzw. Experten holen sollten. In welchen Branchen wird denn momentan am meisten gegründet – wahrscheinlich im digitalen Bereich?
Es wird viel im Digitalsektor gegründet, das ist richtig. In Hamburg ist dabei ein Trend bei den Themen Commerce, Medien, Games und Food zu erkennen. Aber auch wenn viel über Gründungen im Digitalbereich berichtet wird, so machen sie doch nur einen kleinen Anteil am gesamten Gründungsgeschehen in der Stadt aus. Wir begleiten viele Gründungen im Dienstleistungsbereich, die nicht unbedingt digital-fokussiert sind – dazu gehören dann zum Beispiel Karriere-Coaches, Team-Trainer oder Marketingberater. Und wir sehen viele Gründungen im Bereich Gastronomie und Lebensmittelproduktion.
Wo findet ihr als Gründer Unterstützung?
- Informiert euch über die Beratungsangebote der jeweiligen Industrie- und Handelskammern
- Fragt nach bei den regionalen Handwerkskammern.
- Schaut in den Angeboten der Bürgschaftsbanken oder Beteiligungsgesellschaften sowie Investitions- und Förderbanken
- Googelt nach Gründungsberatungsinitiativen in eurer Region, wie zum Beispiel BayStartUp in München oder das Gründerbüro in Stuttgart.
Gibt es auch Neugründungen in Bereichen, in denen man innovative Ideen vielleicht erstmal nicht vermutet?
Hier ist ja erstmal die Frage, was man unter “innovativer Idee” versteht. Wenn wir von einzigartigen und besonderen Ideen sprechen, dann kann ich sagen, dass wir uns zum Glück wirklich häufig mit solchen beschäftigen dürfen!
Hast du da ein Beispiel?
Da gibt es wirklich viele. Einige Ideen berücksichtigen beispielsweise einen sozialen Aspekt – wie die Idee von Valentinas BackSalon, in dem sich Seniorinnen durch das Backen von Kuchen etwas zu ihrer Rente hinzuverdienen. Oder ein Schüler, der eine App entwickelt, um die Prozesse und Abläufe in der Schulkantine zu vereinfachen.
Wie wichtig sind denn generell digitale Angebote wie zum Beispiel ein eigener Social-Media-Auftritt für neue Unternehmen?
Ich würde das Thema Digitalisierung nicht unbedingt auf einzelne Aspekte runterbrechen. Natürlich erwarten Kunden heute, dass ein Unternehmen auch einen digitalen Außenauftritt hat – mindestens in Form einer eigenen Webseite; abhängig von der Zielgruppe auch auf den Sozialen Netzwerken oder in Form einer App. Aber bevor wir über einzelne Aspekte oder digitale Angebote sprechen, ermutigen wir unsere Gründerinnen und Gründer vielmehr, die Augen und Ohren offen zu halten und dieses allzeit präsente Stichwort “Digitalisierung” mit Neugier und Freude zu betrachten, weniger mit Sorge. Schließlich geht es bei der Digitalisierung ja auch nicht “nur” um die Außendarstellung, sondern auch um interne Prozesse oder um die Anpassung des eigenen Geschäftsmodells. Auf jeden Fall lohnt es sich, “digital” von Anfang an mitzudenken.
Was fasziniert dich denn ganz persönlich am Thema Gründen?
Es fasziniert mich, täglich die Vielfalt des Gründungsgeschehens in Hamburg mitzuerleben und dabei zu sein, wenn wir helfen, erste Ideen zum Leben zu erwecken. Mich fasziniert und beeindruckt der Einfallsreichtum der Gründerinnen und Gründer hier in unserer Stadt. Wenn man sich mit dem Thema “Gründen” beschäftigt, wird es nie langweilig!