Ein queerer Podcast klärt auf: Stadt.Land.Schwul

Patrick und Flo im Studio bei der Aufnahme ihres Podcasts Stadt.Land.Schwul

Mit LGBTQ+, Queer und Co. können viele nach wie vor nichts anfangen. Auch in Großstädten wie Hamburg und Berlin, ganz besonders aber in dörflichen Regionen. Die beiden Podcaster Patrick und Flo wissen das aus eigener Erfahrung: Wie es ist, in einer weniger offenen Gesellschaft aufzuwachsen. Und sich zu outen. 

Business-Steckbrief: Stadt.Land.Schwul

  • Location: Berlin
  • Branche/Produkt: Podcast
  • Wer steckt dahinter: Patrick, Sexualtherapeut & Flo, Krankenschwester 
  • Gründungsjahr: 2019
  • Website: www.stadtlandschwul.de
  • Darauf sind wir stolz: Dass wir Menschen zum Nachdenken anregen über Themen, über die sie sich normalerweise keine Gedanken machen würden.
  • Unsere Karriere mit einem Filmtitel beschrieben: Dirty Dancing. Because we’re having the time of our lives!

Damals als junge Erwachsene kannten sie sich noch nicht. Doch unabhängig voneinander haben sie zu spüren bekommen, dass ihre sexuelle Orientierung nicht gern gesehen war. Diskriminierungen und Unverständnis sorgten dafür, dass sich beide ein neues Zuhause suchten: Das bunte Berlin. Dort lernten sie sich vor acht Jahren auf dem Folsom, einem Fetisch-Straßenfest, kennen. Seitdem sind sie enge Freunde. 

Die Idee: Unterhaltend informieren

So sehr die Hauptstadt bunt, urban, queer und vielfältig ist, sagen Flo und Patrick aber auch: “Wir leben in einer Blase! Es gibt immer noch eine Menge Vorurteile.” Daran wollen die beiden etwas ändern – für Berliner*innen, aber auch für Menschen auf dem Land. Mit dem Wissen, dass es in manchen ländlichen Gegenden auch heute noch wenig Akzeptanz und Informationsmöglichkeiten für queere Menschen gibt, starteten die beiden vor zwei Jahren in ihr Herzensprojekt. Sie beschlossen, ihren “privaten Plausch” einfach mal aufzunehmen. Seitdem sprechen die beiden que(e)rbeet über alles, was ihnen in den Sinn kommt: Gender, Travestie, Regenbogenfamilien. Dabei betrachten sie die Themen immer mit einer guten Portion Humor und ohne Blatt vorm Mund. 

Das macht Stadt.Land.Schwul aus. Patrick und Flo leisten Aufklärungsarbeit. Doch durch die sympathischen Gespräche fühlt es sich nicht nach einer Schulstunde an. Vielmehr so, als würde man neben ihnen auf der Couch sitzen und einfach nur einen interessanten Abend verbringen. 

Stadt.Land.Schwul gibt es bei allen gängigen Streaming-Diensten.

Wie die Szene-Bar um die Ecke – nur eben online 

Das klappt vor allem deshalb so gut, weil die beiden häufig verschiedene Ansichten vertreten. “Auch innerhalb der Szene gibt es zu vielen Themen unterschiedliche Meinungen. Wir sagen immer: wir stehen beide unter dem Regenbogen, aber Flo an dem einem, und ich am anderen Ende.” 

Bei den polarisierenden Themen, die bei Stadt.Land.Schwul auf den Tisch kommen, ist das kein Wunder. So gibt es schon mal hitzige Diskussionen zwischen beiden, wenn es darum geht, ob das natürliche Geschlecht angeboren ist, oder cis-hetero Menschen queere Charaktere in Filmen spielen dürfen. Wer jetzt nur Bahnhof verstanden hat: Keine Sorge. Alle Themen werden immer einfach erklärt und sind dabei auch noch richtig unterhaltsam. 

Aber es gibt auch ernste Themen. Zum Beispiel Sexarbeit oder Geschlechtskrankheiten. Dabei berichten Patrick und Flo entweder von ihren eigenen Erfahrungen, oder laden sich auch gerne mal Gäste ein. Darunter Freunde und Bekannte, aber auch Fachkundige wie Ärzte*innen, die ihr Wissen teilen.  

Stadt.Land.Schwul will ihre Hörerschaft “dort abholen, wo sie ist”. Das ist zum einen mental gemeint, zum anderen aber auch örtlich. Daher sind Patrick und Flo auch oft mit ihren Mikrofonen auf Veranstaltungen wie Festivals, Drag Con und Co. unterwegs. So nehmen sie ihre Hörer*innen im wahrsten Sinn mit: Zum Beispiel zum Christopher Street Day. Einen Tag lang begleiten sie dort die Berliner Drag-Queen Gloria Viagra, interviewen andere Menschen aus der Szene und fangen die bunte Atmosphäre ein. Ihr Motto dabei: Mittendrin statt nur dabei. “Viele unserer Hörer*innen haben nicht die Möglichkeit oder trauen sich nicht, an solchen Festivitäten teilzunehmen.” So bekommen viele das erste Mal die Chance, live queere Luft zu schnappen. 

Patrick und Flo in Action auf einem Festival. Immer dabei: Ihre Mikrofone.

Ziel ist nicht, einer Meinung zu sein

Das Ziel einer Folge ist nicht, die Zuhörer*innen zu einer bestimmten Meinung zu überreden. Es geht darum zuzuhören, zu diskutieren, zu verstehen. “Wir wollen das Nachdenken anregen. Dann haben wir unser Ziel erreicht! Und am allerschönsten ist es, wenn die Community in diesen Prozess einsteigt.” Dabei bekommen die beiden viel positives Feedback. Von Menschen, die sich selbst unsicher waren, von Familienmitgliedern, die ein besseres Verständnis aufbauen wollten und von solchen, die nur zufällig über den Podcast gestolpert sind. Natürlich gibt es auch immer mal wieder Kritik, aber auch das ist erwünscht: “Auch wir sind nicht perfekt und lernen ebenfalls dazu. Und es zeigt, dass die Leute sich mit dem Thema auseinandergesetzt haben!” 

Obwohl Stadt.Land.Schwul schon zu einem der bekanntesten queeren Podcasts in Deutschland gehört, ist immer noch Luft nach oben: “Wir sind noch immer eine Nische. Unser Ziel ist es, einmal die breite Masse mit unseren Inhalten zu erreichen!”. Dafür braucht es in erster Linie mehr Bewusstsein für solche Themen. Mit ihrem Podcast sind Patrick und Flo auf einem guten Weg, dieses Ziel zu erreichen. Wir freuen uns, die beiden dabei unterstützen zu dürfen. 


Weitere Infos und die Links zum Podcast bekommt ihr auf Stadt.Land.Schwul’s Website und Instagram.


Wir haben Patrick und Flo gefragt, die wichtigsten Begriffe aus diesem Artikel einmal zu erläutern:

LGBTQ+: Eine Abkürzung für Lesbian, Gay, Bi, Trans und Queer. Es handelt sich dabei um die Beschreibungen von verschiedenen sexuellen Orientierungen und Formen von Identitäten.  

Queer: Ein Sammelbegriff für alle Personen, die nicht der heterosexuellen Geschlechternorm entsprechen. 

Gender: Es wird zwischen Sex (biologisches Geschlecht) und Gender (soziales Geschlecht) unterschieden. Ersteres ist angeboren, letzteres wird durch die Gesellschaft geformt.

Cis*: Cis* bedeutet, dass man sich mit dem angeborenen Geschlecht (Sex s.o.) identifiziert.  

Regenbogen: Gilt als Symbol und steht für die Vielfalt der LGBTQ+-Community. 

Katharina Mühe
Katharina ist Content Creator bei Jimdo und immer auf der Suche nach inspirierenden Geschichten von Menschen, die für ihre Leidenschaft brennen. In ihrer Freizeit kocht sie gerne, ist viel mit Freunden oder in der Natur unterwegs.